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Unterschrift von Wolfgang Amade Mozart

Drei neue Mozart-Briefe in Salzburg

Die Stiftung Mozarteum Salzburg präsentiert bedeutende Neuerwerbungen, darunter den letzten Brief Mozarts an seinen Vater vom April 1787

 

Anfang des Jahres 2020, als Corona noch kein Thema war, traf mitten in der Mozartwoche ein Kurier aus den Vereinigten Staaten von Amerika in Salzburg ein. Im Gepäck hatte er drei Briefe der Familie Mozart, die man ohne Scheu als bedeutendste Erweiterung der Sammlung an Originalbriefen der Stiftung Mozarteum Salzburg der letzten Jahrzehnte bezeichnen kann. Corona-bedingt konnte bislang nur eines dieser Dokumente, ein liebevoller Brief von W. A. Mozart an sein liebstes, bestes Weibchen Constanze von der Reise nach Berlin, Dresden und Leipzig im Jahr 1789 im Rahmen des Formats #kleinePauseMozart am Karfreitag im Internet vorgestellt werden. Der Stiftung Mozarteum ist es damit erstmals gelungen, einen der seltenen Reisebriefe Mozarts aus seinen letzten Lebensjahren zu erwerben.

 

Das zweite Schreiben, ein Brief von der ersten Italienreise aus Bologna vom 28. Juli 1770, fügt sich hingegen nahtlos in die reichen Sammlungen der Stiftung Mozarteum ein. Es handelt sich um einen Doppelbrief, ein ausführliches Schreiben Leopold Mozarts an seine in Salzburg verbliebene Frau Anna Maria mit einem kurzen Postskriptum Wolfgangs in italienischer Sprache an seine carissima sorella Maria Anna, genannt Nannerl. Dem Brief kommt besondere musikhistorische Bedeutung zu, da hier von Leopold Details zum prestigeträchtigen Auftrag, die erste Oper für die Karnevalsaison 1770/71 in Mailand zu schreiben, berichtet werden. Erstmals erfahren wir den Titel des Werks, Mitridate, ré di Ponto, den Namen des Textdichters und die Namen aller für das Projekt vorgesehenen Sänger, darunter mit Guglielmo d’Ettore und Antonia Bernasconi zwei der gefeiertsten Opernstars ihrer Zeit.

 

Die bedeutendste Neuerwerbung in diesem Konvolut ist jedoch Mozarts berührender Brief an seinen Vater vom 4. April 1787, nachdem Wolfgang von Leopolds schwerer Erkrankung, die am Mai des Jahres zum Tod führte, erfahren hatte. Der Brief enthält die berühmten Sätze:

da der Tod | : genau zu nemen : | der wahre Endzweck unsers Lebens ist, so habe ich mich seit ein Paar Jahren mit diesem wahren, besten Freunde des Menschen so bekannt gemacht, daß sein Bild nicht allein nichts schreckendes mehr für mich hat, sondern recht viel beruhigendes und tröstendes! – und ich danke meinem gott, daß er mir das glück gegönnt hat mir die gelegenheit | : sie verstehen mich : | zu verschaffen, ihn als den schlüssel zu unserer wahren glückseeligkeit kennen zu lernen. –“

 

Wie so viele Briefe Mozarts an seinen Vater aus den Wiener Jahren beginnt das Schreiben vom April 1787 mit einer Entschuldigung, diesmal mit dem Bedauern, dass die Mutter von Nancy Storace, Mozarts erster Susanna, es versäumt hatte, bei ihrer Reise von Wien nach London, wo Nancy gerade am King’s Theatre engagiert worden war, einen Brief zu übergeben. Hierauf folgt musikalischer Klatsch: Während der Fastenzeit hatten mehrere gemeinsame Bekannte und Freunde Wien besucht, darunter auch der in Deutschland geborene Oboist und Komponist Johann Christian Fischer. Die Familie Mozart hatte ihn 1765/66 in den Niederlanden kennengelernt, Mozart distanzierte sich nun aber von seinen positiven Kindheitserinnerungen: Fischer spiele nicht nur auf altmodische Weise, sondern habe weder einen guten Ton noch musikalischen Geschmack. Der Tonfall des Briefs wird mit einem Mal ernst, und Mozart schreibt seinem Vater, dass er von anderer Seite gehört habe, dass Leopold trotz gegenteiliger Beteuerungen schwer erkrankt sei und dass er sich nach einer beruhigenden Nachricht seines Vaters sehne. Dann fallen die berühmten Sätze und Gedanken über den Tod. Mozart bezieht sich dabei auf den unerwarteten Tod seines liebsten, besten Freundes, des Grafen August Clemens von Hatzfeld, der im Alter von gerade einmal 31 Jahren gestorben war, der ihn offensichtlich schwer getroffen hatte. Abschließend beschwört Mozart seinen Vater, ihm die Wahrheit über seinen Gesundheitszustand zu schreiben:

Ich hoffe und wünsche daß sie sich, wehrend ich dieses schreibe besser befinden werden; sollten sie aber wieder alles vermuthen nicht besser seÿn, so bitte ich sie beÿ . . . . . . . mir es nicht zu verhehlen, sondern mir die reine wahrheit zu schreibe[n] oder schreiben zu lassen, damit ich so geschwind als es menschen möglich ist in ihren armen seÿn kann; ich beschwöre sie beÿ allem was – uns heilig ist.

 

Der Brief ist von der Denkweise der Freimaurerei geprägt, der sich Mozart stark verpflichtet fühlte; er machte seinen Vater bei seinem Besuch in Wien im Jahr 1785 sogar mit deren Ritus bekannt. Diese Annahme findet zunächst Nahrung in den Aspekten von Freundschaft und Philanthropie, die man sofort mit Mozarts Aussage verbindet, dass der Tod der „wahre, beste freund des Menschen“ sei. Auch lässt sich das etwas undeutliche Zeichen, das Mozart in der Unterschrift ungewöhnlicherweise dem „Manu propria“-Kürzel nachstellt, als zwei ineinander verschlungene Dreiecke deuten. Dieses Symbol findet sich beispielsweise in Leopolds „Freimaurer“-Brief vom Juli 1785, aber auch in Wolfgangs Stammbucheintrag für einen Logenbruder, der am 30. März 1787, also nicht einmal eine Woche vor dem Brief an den Vater, entstanden ist.

 

Der Inhalt aller drei Briefe ist zwar seit dem 19. Jahrhundert bekannt; die Originale waren aber lange Zeit nicht zugänglich, der Brief Mozarts an seinen Vater beispielsweise seit mehr als 90 Jahren, und es existierten in diesem Fall noch nicht einmal Fotografien. Die neuerworbenen Briefe wurden bereits als Bilder und in aktualisierten Übertragungen der Texte in die digitale Briefedition der Stiftung Mozarteum integriert. Im Rahmen der Digitalen Mozart-Edition sind inzwischen alle erhaltenen Originalbriefe der Familie Mozart aus den Jahren 1755 bis 1791 für jedermann zum privaten, wissenschaftlichen und pädagogischen Gebrauch kostenfrei zugänglich. Hier die Links zu den drei Briefen:

 

* Brief von Leopold Mozart an seine Frau Anna Maria (Bologna, 28. Juli 1770)

* Brief von Wolfgang Amadé Mozart an seinen Vater Leopold (Wien, 4. April 1787)

* Brief von Wolfgang Amadé Mozart an seine Frau Constanze (Prag, 10. April 1789)

 

Der letzte Brief Mozarts an seinen Vater wird von Ulrich Leisinger und Andreas Fladvad-Geier, den Wissenschaftlichen und Künstlerischen Bereichsleitern der Stiftung Mozarteum, in einem Video en dé­tail vorgestellt:

 

 

Die Stiftung Mozarteum Salzburg besitzt die weltweit größte Sammlung an Briefen der Familie Mozart. Die meisten befinden sich bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts in Salzburg, als die Mozart-Söhne Carl Thomas und Franz Xaver die in ihrem Besitz befindlichen Originalbriefe dem Dom-Musikverein und Mozarteum, der direkten Vorgängerorganisation der Stiftung Mozarteum, vermachten. Die Briefe Mozarts an seine Frau Constanze gehörten jedoch nicht zu diesen kostbaren Geschenken, außerdem hat Constanze ebenso wie ihre Söhne manches besonders wertvolle Stück noch zu Lebzeiten an Freunde und Mozart-Enthusiasten verschenkt. Die drei Briefe haben seit dem 19. Jahrhundert unterschiedliche Überlieferungswege genommen und konnten nunmehr mit Unterstützung der W. A. Mozartstiftung (Schweiz) auf Vermittlung des in London ansässigen Händlers Dr. Stephen Roe aus dem Nachlass des amerikanischen Zeichners und Autors Maurice Sendak (1928–2012) zu einem marktgerechten sechsstelligen Betrag erworben werden. Die Stiftung Mozarteum ist dem Vorbesitzer sehr verbunden, dass der Brief der Institution direkt angeboten wurde; die beiden Parteien haben vereinbart, den genauen Kaufpreis nicht bekanntzugeben.

 

Ein hochwertiges Faksimile dieses Briefs Wolfgang Amadé Mozarts an seinen Vater kann in den beiden Mozart-Museen der Stiftung Mozarteum, Mozarts Geburtshaus und dem Mozart-Wohnhaus, sowie über den Onlineshop zum Preis von € 10,95 erworben werden (ISBN 978-3-901955-15-0).